Loderndes Feuer unter der Erde |
|
Im einem Bunker im Westerländer Sjipwai wurde eine Übung mit
Echtfeuer abgehalten / Hitze betrug nah an der Feuerstelle rund 600 Grad |
|
|
|
Manch Vorbeiziehender mag sich am Sonnabend
gewundert haben, als am Grundstück Sjipwai 10 dichter Qualm aus dem Boden
stieg. Die Lösung des Rätsels: Im Bunker, der während des Krieges vielen
Menschen als Zufluchtsstätte diente, wurde eine Übung mit Echtfeuer abgehalten.
In Fünfergruppen stiegen Kameraden und Kameradinnen unter schwerem Atemschutzgerät
die Stufen hinab, tasteten sich in der Dunkelheit voran und mussten in einem
der unterirdischen Räume ein loderndes Feuer löschen. Die Qualmwolke breitete
sich in dem kleinen Raum schnell nach unten aus, die Hitze betrug nah an der
Feuerstelle rund 600 Grad. Sehr reale Trainingsbedingungen, wie sie in
Deutschland einmalig sein dürften. „Es gibt zwar alternativ Brandcontainer“,
erklärt der Atemschutzbeauftragte Thorben Prösch, Gruppenführer der Feuerwehr
Westerland. „Doch diese Container haben nur eine Brandkammer, und man kann sie
im Winter nicht gut nutzen.“ Der Bunker dagegen bietet den
Atemschutz-Geräteträgern aufgrund seiner Größe und den vielen Räumen zahlreiche
Trainings-Möglichkeiten, dazu gehören die Strahlrohrführung, Personensuche,
Crashrettung über die Treppe, Öffnen einer extrem heißen Tür, üben mit der
Wärmebildkamera und vieles mehr. Vor allem das Training mit dem Echtfeuer
fordert den Kameraden viel ab, die Dunkelheit und die fürchterliche Hitze, der
dichte Qualm, das alles erfordert nicht allein Fachwissen, sondern auch eine
stabile Psyche. Der Bunker im Sjipwai dient schon seit den 60er Jahren dem
Training unter Atemschutz, wurde dann aber für drei Jahre stillgelegt, da er
den Anforderungen der Feuerwehrunfallkasse nicht genügte. „Die
Atemschutzausbilder äußerten aber häufig den Wunsch, ihre Kameraden wieder im
Bunker zu trainieren“, berichtet Sönke Rahn, langjähriger
Atemschutzgeräteträger der Feuerwehr Tinnum. „Manch einer hat nach seiner
Ausbildung noch nicht oder lange nicht mehr am echten Feuer gearbeitet, im
Realfall bedeutet so ein Einsatz aber immer ein gewisses Risiko. Man muss dann
genau wissen, wie weit man gehen kann.“ Im Mai 2016 „fing das Ding dann wieder
an zu rollen“, erklärt Thorben Prösch. Gemeinsam mit Christian Fröhlich (stv.
Wehrführer Westerland) und Benjamin Lempke (Gruppenführer Feuerwehr Tinnum)
gründete er eine „Bunkertrainergruppe“, bestehend aus 16 Kameraden der Wehren
Westerland, Tinnum, Rantum, Keitum, Wenningstedt und Archsum. Vor dem Training
gab es viel zu tun: Unter anderem wurden fünf Tonnen Schutt und diverse
Stolperfallen (auch Steinpodeste) entfernt, eine komplette Notbeleuchtung sowie
Zu- Und Abluftrohre eingebaut. Fast 400 Arbeitsstunden, inklusive Planung,
wurden investiert; nun ist der Bunker von der Unfallkasse abgesegnet. „Wir
wollen das höchste Maß an Ausbildung, vor allem aber auch das höchste Maß an
Sicherheit bieten“, betont Prösch. „Es gibt drei Notausgänge, wir haben immer
ein Rettungsteam draußen parat stehen und auch das DRK ist jedes Mal vor Ort.“
Die Atemschutz-Trainergruppe ließ sich übrigens im Juni von Jan Reiser und
seinem Rescue Team aus Kaltenkirchen schulen und beraten, Reiser ist
Fachausbilder, genauer gesagt: „technical fire training“ thermal Imaging. Die
Sylter Truppe plant für dieses Jahr noch fünf Trainingseinheiten, um für die
Ausbildung ihrer Kameraden ein bestmögliches Konzept zu erarbeiten. „Man kann
bei diesen Übungen eine Gefahr nie zu 100 Prozent ausschließen“, so Prösch.
„Aber dennoch, die Sicherheit hat hier oberste Priorität!“ Als der erste Trupp
am Sonnabend aus dem verqualmten Bunker stieg, sahen alle sehr erschöpft aus.
„Heiß da unten“, meinte einer. Auf die Frage, ob ihm in dieser beklemmenden
Situation unter der Erde nicht mulmig zumute war, schüttelte er jedoch den
Kopf. „Ich wusste ja, im Notfall bin ich ruckzuck hier raus. Denn da oben
stehen meine Kameraden und passen auf.“ Bettina Dethloff
Sylter Rundschau