Hunderte Autofahrer saßen auf Sylt fest vom 5. Oktober 2014 Aus der Redaktion der Sylter Rundschau Auf der Verladestation ereignete sich am Sonntagabend ein
Rangierunfall. Die Strecke des Syltshuttles musste gesperrt werden Westerland | Ein Rangierunfall auf der Verladestation in
Westerland hat am Sonntagabend gegen 20.15 Uhr dafür gesorgt, dass viele
Autofahrer des DB-Syltshuttles nicht zurück auf das Festland fahren konnten.
Bei dem Unfall war ein abgekoppelter Waggon eines Syltshuttles entgleist, dabei
drückte er einen Wagon eines anderen Syltshuttles auf dem Nachbargleis zur
Seite und hob es aus den Gleisen, sodass eine Verladung der Fahrzeuge nicht
mehr möglich war. Gegen 22 Uhr saßen noch „etliche 100 Autofahrer“ auf der
Insel fest, teilte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Flensburg auf
Anfrage mit. Aufgrund der Abreisephase des Surf Cups wollte eine hohe Zahl von
Fahrzeugen die Insel verlassen. Der Sprecher berichtete von teils tumultartigen
Zuständen an der Sylter Verladestation. Die Bergung des Zuges durch das
Technische Hilfswerk dauerte bis in die Nacht an. Um 4.30 Uhr stand der
Syltshuttle wieder auf den Gleisen parat. Am Montagmorgen fuhr der Syltshuttle
planmäßig. Die Landespolizei kümmerte sich um die Koordination der Bergung. Der
Zugverkehr der Nord-Ostsee-Bahn lief unterdessen planmäßig, die Züge hatten
aber teilweise Verspätung. Wie es zu dem Unfall kommen konnte, ist noch unklar. Die
Weichen wurden jedoch nicht beschädigt. Verletzte gab es ebenfalls nicht. Die
Bundespolizei ermittelt wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den
Bahnverkehr. Es ist nicht der erste Rangierunfall vor Westerland: Vergangenes
Frühjahr waren drei Wagen eines Intercitys beim Rangieren vor dem Bahnhof
entgleist. von Julian Heldt erstellt am 05.Okt.2014 | 22:34 Uhr |
„Die Stimmung war gereizt bis
lustig“ Sylter und Urlauber erzählen, wie
sie die Wartezeit nach dem Rangierunfall am Sonntagabend erlebten /
Bürgervorsteher kritisiert Bahn Westerland Zu einem schlechteren Zeitpunkt
hätte dieser Unfall kaum passieren können: Es ist der letzte Sonntag des Surf
World Cups und innerhalb weniger Stunden wollen Hunderte von Besuchern die
Insel verlassen. Allein das sorgt am Sonntagnachmittag für Chaos rund um die
Verladestation am Westerländer Bahnhof. Polizisten müssen den Verkehr
regulieren. Gegen Abend hätte sich die Lage eigentlich langsam entspannen
müssen. Doch gegen 20.15 Uhr entgleist ein abgekoppelter Waggon eines
Syltshuttles und hebt dadurch einen Waggon auf dem Nachbargleis aus den Gleisen.
Betroffene – Insulaner und Urlauber – machten gestern ihrem Ärger Luft. Verletzt wird bei dem Unfall
gottseidank niemand. Warum der Zugteil, in dem Motorräder über den
Hindenburgdamm transportiert werden, entgleiste, ist noch unklar. Es wird wegen
des Verdachts auf einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr ermittelt,
heißt es von der Bundespolizei. Für die Insulaner und Gäste, die zum
Unfallzeitpunkt teilweise schon drei Stunden vor der Verladestation gewartet
hatten, beginnt nun ein langer Abend. Denn erst einmal kann keiner mehr auf den
Autozug rauf, später werden die Autos mühsam umgelenkt, das Syltshuttle kann
nur noch von dem Gleis abfahren, auf dem es normalerweise in Westerland
ankommt. Stefan Götze aus Westerland ist
Fahrer für einen Sylter Fruchtgroßhändler und ist durch seinen Beruf schon oft
mit dem Syltshuttle unterwegs gewesen: „Ich bin in den letzten Jahren bestimmt
an die tausend Mal rüber gefahren, aber so ein Chaos habe ich bisher noch nicht
erlebt.“ Nach dem Unfall wäre für die Wartenden erst einmal gar nicht klar
gewesen, was überhaupt passiert sei: „Das war nervig – besonders natürlich für
diejenigen, die Kinder dabei hatten.“ Von der Bahn hätte er sich eine bessere
Informationspolitik gewünscht: „Es war alles sehr unorganisiert. Man hätte auf
die Situation anders reagieren müssen.“ Auch Holger van Wahnem aus Hamburg
ist mit dem Krisenmanagement der Bahn nicht ganz glücklich: „Uns wurde nur
mitgeteilt, dass es sich um einen technischen Defekt handle und es nach 35
Minuten weitergehen soll. Nach Ablauf der Zeit wurden wieder 35 Minuten
angesagt und das wieder und wieder.“ Irgendwann bekamen er und sein Beifahrer
Hunger – trauten sich aber wegen der ungenauen Ansagen der Bahn kaum, aus dem
Wagen zu steigen und sich etwas zum Essen zu kaufen. Nach sechs Stunden
Wartezeit ging es für die beiden endlich Richtung Festland. Sein Fazit: „Die Stimmung
war gereizt bis lustig.“ Der 19-jährige Tim Langmaack sah die
Lage deutlich entspannter – vielleicht auch, weil er sich seinen Hamburger ganz
unproblematisch von einem Kumpel zum Auto bringen ließ. Der Wenningstedter
fährt immer sonntags von Sylt nach Kiel, um am Montagmorgen pünktlich bei
seiner Konditoren-Lehrstelle auf der Matte zu stehen. „Andere
Schicksalsgenossen ließen sich von Taxifahrern mit Fast Food versorgen. Ich bin
mit einigen anderen später auch zu Fuß zur Tankstelle um die Ecke gegangen und
wir haben uns DVDs und Chips geholt. Und mein Vater brachte mir noch eine
Decke. Ohne laufenden Motor wurde es im Auto nämlich ganz schön kalt. So wurde
es für mich sogar noch gemütlich“, erzählt er. Neben netten Gesprächen mit den
Mitreisenden erlebte er während seiner fünf Stunden Wartezeit auch die eine
oder andere Anekdote: „In einem Auto saß ein Pärchen, das sich guten Mutes eine
Flasche Wein gönnte. Sie prosteten sich fröhlich zu, wurden dabei allerdings
von einem Mitreisenden gesehen, der die Polizei alarmierte. Der Mann, der am
Steuer saß, musste pusten, konnte aber bei einem Promillewert von 0,1 nur
verwarnt werden.“ Alles in allem sei der Abend doch recht amüsant gewesen, fand
Tim, der nachts um zwei in Kiel ankam. Ganz so lustig mag der Bürgervorsteher
der Gemeinde Sylt den Vorfall nicht bewerten: „Zum leider wiederholten Mal hat
das Krisenmanagement beim Autozug am Sonntagabend nicht geklappt. So ein
Rangierunfall kann natürlich immer passieren“, sagte Peter Schnittgard (CDU),
„aber die Bahn muss noch dazulernen, vor allem ihre Informationspolitik
verbessern und entsprechende Lehren aus solchen Ereignissen ziehen“. Noch für
den Herbst kündigte Schnittgard eine Initiative an, um alle Verantwortlichen –
auch aus der Sylter Tourismusbranche – an einen Tisch zu bekommen und bessere
Strategien für die Zukunft zu entwickeln. jun/frr/pbo
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